Am 26. Januar 1788 ging Captain Arthur Phillip mit einem Teil der First Fleet in Sydney Cove an Land. Damit begann die britische Kolonisierung der australischen Ostküste. Der Tag wird heute als Australia Day begangen. Offiziell handelt es sich um den Nationalfeiertag des Landes. Inoffiziell ist das Datum zunehmend umstritten. Für viele Angehörige der indigenen Bevölkerungen markiert dieser Tag nicht die Gründung Australiens, sondern den Beginn von Gewalt, Enteignung und Vertreibung. Die Bewertung des Ereignisses ist umkämpft und spiegelt einen breiteren Konflikt um nationale Erinnerung.
Der historische Hintergrund
Die First Fleet erreichte im Januar 1788 die Küste von New South Wales. Die ursprünglich gewählte Landestelle bei Botany Bay erwies sich als ungeeignet. Wenige Tage später wurde die Bucht von Port Jackson angesteuert. Dort begann die Gründung der Kolonie mit der formellen Besitzergreifung. Die britische Flagge wurde gehisst, und die neue Ordnung trat in Kraft.
Die britische Regierung betrachtete Australien als terra nullius, also als rechtlich unbewohnt. Die Abwesenheit einer europäischen Souveränität wurde als Legitimation zur Inbesitznahme verstanden. Mit den lokalen Gruppen fand keine Verhandlung statt. Es wurde auch keine Zustimmung eingeholt.
Die Entwicklung des Gedenktags

Im 19. Jahrhundert wurde der 26. Januar in New South Wales als Foundation Day begangen. In anderen Kolonien bestanden unterschiedliche Feiertage. Erst im Jahr 1935 wurde der Begriff Australia Day einheitlich eingeführt. Doch erst 1994 wurde der 26. Januar zum gesetzlichen Feiertag in allen Bundesstaaten.
Der Charakter des Gedenktags wandelte sich im Laufe der Zeit. Die Feiern zum 150. und besonders zum 200. Jahrestag im Jahr 1988 führten zu landesweiten Veranstaltungen. Gleichzeitig kam es zu Protesten. In Sydney demonstrierten zehntausende Menschen gegen die Darstellung der Kolonisierung als nationale Erfolgsgeschichte. Der Begriff Invasion Day fand von da an breitere Verwendung.
Kritik und Gegenpositionen
Die Kritik bezieht sich auf die symbolische Bedeutung des Feiertags. Der 26. Januar markiert aus Sicht vieler Aborigines den Beginn eines systematischen Machtverlusts. Enteignung, rechtlicher Ausschluss und Gewalt folgten in der Phase nach der Landung. Auch die staatlich geförderte Assimilationspolitik des 20. Jahrhunderts wird mit dem Datum verknüpft. Bereits im Jahr 1938 organisierten indigene Gruppen in Sydney den Day of Mourning. Damit traten sie öffentlich gegen die dominante Form der Erinnerung auf.
Heute finden regelmäßig Protestmärsche und alternative Gedenkveranstaltungen statt. Zivilgesellschaftliche Organisationen, wie Amnesty International, fordern die Verschiebung oder Abschaffung des Feiertags. In der politischen Debatte stehen Forderungen nach Anerkennung historischer Verantwortung der Haltung gegenüber, man müsse an einem gemeinsamen nationalen Symbol festhalten.
Erinnerung als Aushandlung
Die Auseinandersetzung um den 26. Januar ist Ausdruck einer breiteren Debatte über die koloniale Vergangenheit Australiens. Es geht dabei nicht allein um ein Datum. Im Zentrum steht die Frage, wie nationale Geschichte erzählt wird und welche Stimmen dabei Gehör finden. Der Australia Day ist ein Beispiel für den Wandel öffentlicher Erinnerung. Er zeigt, wie stark historische Deutung von gesellschaftlichen Machtverhältnissen geprägt ist.
Bildnachweis
Titel: First Fleet 1788, Wikimedia Commons, State Library of New South Wales
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