Die Chola-Flotte in Südindien

Serie: Küstenreiche – Thalassokratie in der Vormoderne

Das Land hinter der Küste

Die Chola-Dynastie herrschte vom 9. bis zum 13. Jahrhundert über große Teile Südindiens. Ihr Machtzentrum lag im fruchtbaren Kaveri-Delta, doch schon früh richtete sich der Blick über das Land hinaus auf den indischen Ozean. Anders als Srivijaya, das von einer Flussmündung aus wirkte, stützte sich das Chola-Reich auf ein zusammenhängendes Festlandterritorium und konnte von dort aus gezielt auch auf See Einfluss nehmen. Der Seehandel war fest in die politische Strategie eingebunden.

Handelskontakte und Seewege

Tamilische Händler unterhielten seit langem Verbindungen nach Südostasien. Mächtige Handelsgilden (Manigramam und Ayyavole) steuerten die Netzwerke. Hafenorte wie Nagapattinam und Kaveripattinam waren eng in das westliche und östliche Seehandelssystem eingebunden. In chinesischen, arabischen und tamilischen Quellen finden sich Hinweise auf regelmäßige Verbindungen mit Sumatra, Sri Lanka und der malaiischen Halbinsel. Die Könige unterstützten diese Netzwerke durch Infrastruktur und Schutz, aber auch durch gezielte Expansion.

Die Expedition gegen Srivijaya

Rajendra I. trifft einen Guru

Der bekannteste Beleg für Cholas maritime Macht ist die Expedition Rajendra Cholas I. im Jahr 1025. Flotten griffen dabei ein Bündnis von 14 Hafenstädten an, die Srivijaya zugerechnet werden: u. a. Kedah, Tambralinga und die Hauptstadt Palembang. In Inschriften wird von Siegen über „die Könige des Meeres“ gesprochen. Der Feldzug war eine spektakuläre Strafexpedition zur Plünderung und Schwächung des Rivalen; eine dauerhafte direkte Kontrolle wurde nicht errichtet. Die Inschriften berichten nur vom Erfolg, nicht von einer Besetzung. Archäologische Hinweise auf eine Verwaltung durch Chola fehlen. Dennoch zeigt der Angriff, dass Flottenoperationen über tausende Kilometer hinweg möglich und politisch gewollt waren.

Organisation und Logistik

Über die Schiffe ist nicht viel bekannt. In den Ajanta-Höhlen gab es Zeichnungen von Schiffen, allerdings aus dem 6. Jahrhundert

Die Chola-Flotte war nicht dauerhaft stationiert, sondern wurde fallweise mobilisiert. Das Heer nutzte Transportschiffe, die oft von Handelsschiffen adaptiert wurden. In den Inschriften und Tempelreliefs ist ihre Darstellung selten, doch die Fähigkeit zur Koordination mehrerer Landungspunkte spricht für eine hochgradig organisierte Kommandostruktur. Anders als Srivijaya setzte Chola auf direkte militärische Durchsetzung, zumindest zeitweise.

Herrschaft ohne Küstenbesitz

Trotz der Erfolge bleibt unklar, wie weit Chola seine maritime Macht stabilisieren konnte. In Südindien selbst war die Dynastie über Jahrhunderte präsent, mit prächtigen Tempeln, effizienter Verwaltung und stehenden Heeren. Auf See hingegen etablierten die Cholas keine tiefe territoriale Verwaltung in Übersee, sondern stützten sich auf politische Einflusszentren und Handelsstützpunkte (z.B. in Kedah/Malaysia und Teilen Sri Lankas). Die Macht beruhte auf Einschüchterung, Prestige, der Kontrolle von Handelsrouten und punktueller Gewalt – nicht auf dauerhafter Küstenherrschaft im engeren Sinne. So gesehen war Cholas Seeherrschaft eher episodisch als strukturell.


Mehr erfahren

Links, die mit Sternchen (*) gekennzeichnet sind, führen auf die Seite von Amazon.de. Wenn Sie über diese Links bestellen, unterstützen Sie unsere Arbeit, ohne dass Ihnen Mehrkosten entstehen.

Siddharth N. Vijayaraghavan (2024): Empire of the Cholas.*

Bildnachweis

Titel: Gangaikonda Cholapuram Temple aus der Herrschaft Rajenda I., 1025. Wikimedia Commons, Saranya Chidambaram.

Karte: Wikimedia Commons, Nikel3012.

Alle weiteren Bilder gemeinfrei.

Schreibe einen Kommentar